Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr rechnet wegen des Familiennachzugs von Asylberechtigten auch im Herbst mit deutlich mehr Schulkindern: Mit weiteren Containerklassen, die derzeit errichtet werden, soll der Andrang bewältigt werden.
Vor den Sommerferien haben in Wien im Schnitt 300 neue schulpflichtige Kinder pro Monat einen Schulplatz benötigt: Grund dafür war wie mehrfach berichtet der Familiennachzug von Asylberechtigten, Wiens Schulsystem kam dabei an die Grenzen seiner Kapazitäten.
Über den Sommer werden nun, wie Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) im Interview mit der Austria Presse Agentur ankündigt, weitere mobile Schulklassen (die sogenannten Containerklassen) errichtet, die zum Schulstart im Herbst fertig sein sollen.
„Das sind vollwertige Klassen“
Konkret entstehen derartige Klassen derzeit an fünf Standorten, allesamt in den großen Flächenbezirken. „Die mobilen Schulklassen werden gerade fertig errichtet. Da gab es im Frühsommer Vorbereitungsarbeiten, in den nächsten Wochen wird das fertiggestellt“, so Wiederkehr . Es handle sich um eine notwendige Sofortmaßnahme. Sorge, dass Abstriche beim Komfort oder der Nutzbarkeit zu machen sind, muss sich laut Wiederkehr niemand machen. „Das sind vollwertige Klassen mit modernster technischer Ausstattung.“
Berücksichtigt würden auch Faktoren wie das Raumklima: „Weil wir wollen, dass alle Kinder, die in Wien sind, einen guten Schulraum haben.“ Es werde gelingen, diesen bis zum Herbst zu schaffen. „Wir wollen, dass jedes Kind einen guten Schulplatz hat.“ Mobilklassen wird es an je einem Standort in Favoriten, Simmering, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing geben. Ob dies ausreicht, werde sich laut Wiederkehr zeigen.
Dringend Raum für weitere Schulen gesucht
„Wir suchen laufend noch zusätzlichen Schulraum, auch für die nächsten Jahre. Es gibt einen sehr intensiven Schulbauplan der Stadt, wo einerseits Neubauten errichtet werden, andererseits auch Zubauten zu bestehenden Schulen“, sagt der Bildungsstadtrat. Man suche Grundstücke oder mögliche Mietobjekte. Das Ziel sei es auch, die mobilen Klassen mittelfristig zu Zubauten weiterzuentwickeln. Zu sagen, wann dies geschehen könne, sei aber noch zu früh.
„Wir müssen auch im Herbst die weitere Entwicklung der Familienzusammenführung uns ansehen“. Das Innenministerium habe erklärt, dass die Zahl der Verfahren rückgängig sei. „Das haben wir vor dem Sommer im Bereich der Schule noch nicht gesehen.“ Damals seien wie erwähnt rund 300 Kinder pro Monat zusätzlich in die Wiener Schulen gekommen.
Die Entwicklung im Herbst werde man sich ansehen müssen. Man sei aber vorbereitet darauf, dass die Zahlen konstant hoch bleiben. Davon seien dann auch weitere Anstrengungen, um möglicherweise zusätzlichen Schulraum zu schaffen, abhängig.
(Wieder) Kritik am Innenministerium
Von der Kooperation mit dem Innenministerium zeigte er sich in diesem Zusammenhang wenig angetan: „Ich habe kein großes Vertrauen in die Daten, die ich bisher bekommen habe. Denn die beste Informationsquelle war für mich zu Beginn das Rote Kreuz und nicht das Innenministerium.“ Es habe bisher außer großen Ankündigungen relativ wenig an Konkretem gegeben – weder an Datenmaterial noch an Unterstützungsmaßnahmen von Bundesseite.
Die Auseinandersetzung mit dem Bund wurde bereits in den vergangenen Tagen vehement geführt. Das Bildungsministerium hat Kritik aus Wien dabei zurückgewiesen – mit Verweis auf Sondermittel, von denen Wien profitiere. Zusammenarbeit gibt es aber zumindest im Bereich Förderung. Laut Wiederkehr haben die vom Bund angekündigten speziellen Deutschförderklassen, die in Wien für die Neuankömmlinge eingeführten Orientierungsklassen als Vorbild.
Das Angebot richte sich an Kinder mit wenig schulischer Vorerfahrung. „Es ist auch international eine Vorreiterrolle, die wir eingenommen haben“, sagt Wiederkehr. Was genau in der Verordnung des Bundes stehen werde, wisse er noch nicht. Wichtig wäre jedoch mehr Flexibilität bei der Einführung solcher Angebote.
Sinnvoll wäre laut Wiederkehr etwa, das Schulrecht so zu gestalten, dass zum Beispiel Einführungen ins System auch kurzfristig außerhalb der Schule stattfinden könnten, wenn viele Menschen gleichzeitig kommen. Dies würde die Schulen entlasten, sei aber rechtlich derzeit nicht möglich.
Einmal mehr wandte sich Wiederkehr gegen Forderungen, Unterstützungsleistungen für geflüchtete Menschen zu reduzieren. Er verwies darauf, dass ÖVP-geführte Bundesländer zum Teil ähnlich hohe Beträge auszahlen würden. Für subsidiär Schutzberechtigte gebe es aber in Wien mehr Unterstützung als etwa in Niederösterreich. Dort sei ein Leben für die Betroffenen nicht mehr möglich, wodurch „diese Personen logischerweise auch nach Wien gehen“.
Diesen in der Bundeshauptstadt nun ebenfalls Leistungen zu streichen, lehnt Wiederkehr ab, wie er bekräftigte. Dies würde Kriminalität und Armut befördern, warnte er. Nötig sei vielmehr eine österreichweite Vereinheitlichung der Hilfen.
Wiederkehr schließt Wechsel aus
Dass er nach der kommenden Nationalratswahl bei einer möglichen Neos-Regierungsbeteiligung in den Bund – etwa als Minister – wechselt, schließt er eher aus: „Mein Ziel ist, in Wien weiter Verantwortung zu haben. Ich liebe meine Aufgabe. Die ist extrem wichtig, und ich strebe keine Position auf Bundesebene an, abseits dessen, dass ich schon stellvertretender Parteivorsitzender bin.“ (APA)
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